Stettfelder Abendvorträge 2009
Dieser Seite entnehmen Sie bitte die Berichte der Stettfelder Abendvorträge sowie Berichte über weitere Veranstaltungen des Freundeskreises Römermuseum Stettfeld aus 2009.
Dem Königshof von Bruchsal noch nie so nah
war Dr. Martin Thoma aus Stuttgart mit seinem gleichnamigen Vortrag, den er am 28.01.2009 im Rahmen der Stettfelder Abendvorträge im Römerkeller Stettfeld hielt. Ein geplanter Einkaufskomplex im historischen Zentrum Bruchsals war im Frühjahr 2008 der Anlass zu einer intensiven Rettungsgrabung direkt hinter der Bruchsaler Stadtkirche bzw. der Marienkirche. Dr. Thoma war hier der Grabungsleiter. Das Areal hinter der Marienkirche ist seit der Bombardierung von 1945 nicht wieder bebaut worden und diente seitdem als Parkplatz.
Zunächst wurde direkt unter dem Asphalt jede Menge Kriegsschutt von der Stabbrandbombe über Reste der Maßwerksteine der ausgebrannten Marienkirche bis hin zu ehemaligen Gebrauchsgegenständen von den Archäologen gefunden. Je tiefer sie gruben, desto spannender wurde es: zunächst tauchte die Treppe zum Keller des ehemaligen Pfarrhauses auf. Unter dem Kellerboden fand sich Hausrat aus dem 17. Jahrhundert. In den nächsten Schichten fanden sich Scherben aus dem 13. Jahrhundert bis man schließlich sogar auf römische Spuren stieß. Selbst Relikte aus der Jungsteinzeit wurden in Schwemmschichten gefunden, die allerdings wohl von den auf den Hügeln bei Bruchsal nachgewiesenen Siedlungen der Michelsberger Kultur stammten.
Als kleine Sensation wurde der Fund einer aufwändig erbauten Mauer empfunden, die schließlich mit großer Wahrscheinlichkeit als Teil des Kellers eines Gebäudes des lang gesuchten Königshofes der ottonischen Zeit identifiziert wurde. Indizien hierzu waren Scherben von hochwertigem Geschirr aus dem 9. Jhdt. und die Tatsache, dass die zum Königshof gehörende Basilika mit ziemlicher Sicherheit mit den unter der Marienkirche entdeckten Mauern identisch ist.
Mit dieser Rettungsgrabung kann die Geschichte Bruchsals von der Römerzeit bis heute jetzt etwas genauer geschrieben werden. Mit seinen Einblendungen von Zeichnungen und zeitgenössischen Bildern hat Dr. Thoma exzellent veranschaulicht, wie man sich die Lebensumstände der Bewohner Bruchsals in den einzelnen Geschichtsphasen vorzustellen hat. Dank seiner geschickten Kombination statischer Grabungsfotos mit Videoeinblendungen der Grabungsabläufe entstand für die Anwesenden ein außerordentlich lebendiges Bild von der Archäologie.
Zeit der Helden - Die dunklen Jahrhunderte Griechenlands
Besuch der Sonderausstellung des Badischen Landesmuseums Karlsruhe am 07.02.2009.
20 Teilnehmer folgten der Einladung des Freundeskreises Römermuseum zum Besuch der ungewöhnlichen Sonderausstellung und wurden dort von einem Archäologen fachmännisch geführt. Noch nicht sehr lange ist es her, da wurde die Zeit zwischen dem 13. und dem 8. Jhdt. v. Chr. als „The dark ages“ (die dunklen Jahrhunderte) bezeichnet, weil es nach dem abrupten Ende der mykenischen Palastzeit bis zum Beginn der griechischen Stadtstaaten zunächst zu wenig archäologische Funde gab und keine Schriftzeugnisse vorlagen. Lediglich die Gesänge Homers übermittelten einen vagen Eindruck von den möglichen Verhältnissen in dieser Zeit. Doch inzwischen hat sich einiges aufgehellt, der archäologische Fundhorizont ist größer geworden und man tendiert nun eher zu dem Begriff „Früheisenzeit“ für dieses Zeitalter.
Die Ausstellung verdeutlicht, dass in dem betrachteten Zeitraum offensichtlich gewaltige Umwälzungen unbekannter Ursache den Niedergang der Palastkultur bewirkten, dass anscheinend extreme Unsicherheit die Siedlungsaktivitäten beeinflussten. Aus Funden des 11. Jhdts auf Kreta und einigen ägäischen Inseln könnte geschlossen werden, dass die ständige Bedrohung durch Piraten (oder auch Seevölker) die Bevölkerung gezwungen hat, sich an hochgelegene und unzugängliche Plätze zurückzuziehen. Auch hat sich in den Bestattungsriten einiges geändert: es wurden im Wesentlichen die Einäscherung aber auch vereinzelt wieder die Körperbestattung und Mischformen entdeckt. Handwerkliche Fähigkeiten wie z. B. das Töpfern erreichten einen Tiefpunkt. Alle Symptome deuten auf umfangreiche Wanderungsbewegungen und Vermischung mit anderen Kulturen hin.
Hier scheint sich nun Zypern als Bewahrer der mykenischen Kultur einzuklinken. Aus Funden von dieser größten Mittelmeerinsel lässt sich schließen, dass es in Zypern diese starken kulturellen Brüche der Dark Ages wie auf den griechischen Inseln nicht gegeben hat.
Hier wurde die mykenische Kultur noch lange bewahrt und sogar später wieder auf die ägäischen Inseln reimportiert.
Eine Verbindung zu Homer und seinen trojanischen Helden lässt sich für die Dark Ages insoweit herstellen, als die Helden wie Agamemnon, Achilleus oder Odysseus sogenannte basileîs, Kleinkönige, waren, wie sie etwa ab dem 10. Jhdt. in der Ägäis und später auch auf Zypern nachgewiesen wurden. Ein herausragender Fund aus dieser Zeit ist das „Heroon“ von Lefkandi auf Euböa. Hier wurde ein basileus und offensichtlicher Held im homerischen Sinne luxuriös an der Seite einer jungen Frau bestattet. Das Besondere: der Mann wurde eingeäschert, während die Frau und 4 Pferde daneben erdbestattet wurden.
Aber nicht nur die Verbindung zu Zypern und die gegenseitige kulturelle Beeinflussung sind prägend für die Dark Ages sondern auch der Kontakt zu den Phöniziern und damit zu vorderasiatischen Einflüssen. Aus diesen Kontakten entwickelt sich um 800 v. Chr. schließlich die griechische Schrift, mit der sich das archaische Zeitalter mit der Entwicklung der griechischen Stadtstaaten ankündigt. Auch die Kunst und das Handwerk begannen wieder zu hoher Blüte aufzulaufen. Die Ausstellung bemühte sich mit ihrem Aufbau und der Auswahl der Exponate um die nötige Transparenz für den Besucher und bot einen recht guten Überblick über die derzeitigen Erkenntnisse zu den Dark Ages.
Alte Knochen modern beleuchtet - Über Leben, Leiden und Sterben unserer Vorfahren in Südwestdeutschland
berichtete Prof. Dr. Joachim Wahl aus Konstanz, der Experte für Osteologie des Landesamtes für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart am 18.02.2009 im Rahmen der Stettfelder Abendvorträge im Römerkeller Stettfeld. Über 40 Zuhörer folgten höchst interessiert seinen Ausführungen, die von aussagekräftigen Bildern unterstützt wurden.
Die bei Ausgrabungen gefundenen biologischen Überreste von Pflanzen, Tieren und Menschen bergen wesentlich mehr Informationen über das Leben früherer Generationen sowie deren Auseinandersetzungen mit ihrer Umwelt, als auf den ersten Blick zu erkennen ist.
Aus den Menschen- und den Tierknochen lassen sich mithilfe der Osteologie (Lehre von Knochen und Skelettaufbau) heute eine Vielzahl von Daten gewinnen.
Nachdem der Archäologe aus dem Fundort, der Fundlage, den weiteren Artefakten und sonstigen Randbedingungen bereits viele Rückschlüsse ziehen kann, sind die genaue Bestimmung des Alters, des Geschlechts, der Körpergröße, der Krankheiten, der Ernährung, von Verletzungen, der Todesursache, von verwandtschaftlichen Beziehungen und ggf. eines Migrationshintergrunds Sache des Osteologen.
Manche Details und Symptome lassen sich nur mit Mikroskop, Röntgenaufnahmen, Computertomographie oder durch die Anfertigung von Dünnschnitten von Knochen oder Zähnen analysieren. Auch biologisch-chemische Untersuchungen, wie z.B. DNA-Analysen oder Messungen von Isotopen, sind unverzichtbar. Dabei gibt es aber auch viele Einschränkungen, was die Trefferquote betrifft.
Mithilfe spezieller Plastifizierungstechniken lassen sich aus den gefundenen Schädeln sogar Gesichter oder ganze Körper rekonstruieren.
Aus dem Vergleich der Individualdaten mehrerer Skelettreste z.B. in Massengräbern ergeben sich dann evtl. Verwandtschaftsbeziehungen, Aussagen zur mittleren Lebenserwartung, der Altersstruktur oder den üblichen Krankheiten der Bevölkerungsstichprobe.
Zu allen diesen Aspekten wurden Beispiele aus der Vorgeschichte in Baden-Württemberg gezeigt und angesprochen. Sie stammen aus verschiedenen Epochen und Fundstätten von Heibronn über Talheim, Inzigkofen, Bietigheim, Aldingen, Trossingen, Herrenberg bis Stettfeld von der Steinzeit bis in die frühe Neuzeit.
Besonders schwierige Situationen ergeben sich für den Osteologen, wenn nur Knochenfragmente oder gestörte Massengräber gefunden wurden. Aber auch hier kommt man oft zu plausiblen Deutungen, weil die jahrelange Erfahrung manch fehlendes Indiz ersetzt.
Die anschließende Diskussion machte deutlich, dass der Vortrag nicht zuletzt dank seiner lockeren Art und der hervorragenden Illustration beim Publikum angekommen war.
Der Referent empfiehlt sich auch als exzellenter Buchautor, hat er doch zusammen mit Mostefa Kokabi ein vielbeachtetetes Werk über das Gräberfeld von Stettfeld mit dem Titel „Das römische Gräberfeld von Stettfeld I“ verfasst.
Sein neuestes Werk „Karies, Kampf und Schädelkult – 150 Jahre anthropologische Forschung in Südwestdeutschland“, erschienen im Theiss-Verlag, berichtet spannend und kurzweilig auch über die Themen seines oben besprochenen Vortrags.
Limes Weltkulturerbe - Bedeutung, Aufgabe, Probleme
lautete das Thema des Stettfelder Abendvortrags am 16.03.2009 von Prof. Dr. Egon Schallmayer aus Bad Homburg.
Der Referent machte zunächst mit der Tatsache vertraut, dass der sogenannte Odenwaldlimes, eine ursprünglich um 100 n.Chr. angelegte Grenzlinie, nicht zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt. Diese Ehre wurde 2005 nur dem sogenannten Obergermanisch-Raetischen Limes, mit 550 km Länge das größte Bodendenkmal in Deutschland, zuteil.
Nach neuen Erkenntnissen ist der Limes nicht als Verteidigungslinie sondern eher als eine Art Zollgrenze zu verstehen, an der es in 2 Jahrhunderten zu regem Warenaustausch zwischen Römern und Germanen kam. Nur so ist verständlich, dass der Obergermanische Limesteil ohne Rücksicht auf landschaftliche Probleme ab 100 n. Chr. häufig als schnurgerade Schneisen mit hölzernen Wachttürmen mitten durch die germanischen Wälder gezogen wurde. Erst um 130 wurden Palisadenzäune aus halbierten Eichenstämmen angelegt, die um 170 durch Erdwälle und Gräben ersetzt wurden. Aus den verwitternden Holztürmen wurden massive Steintürme.
Der rätische Limesteil hingegen bekam von Anfang an eine massive Mauer mit Steintürmen, was vermutlich auf den individuellen Einfluss der verschiedenen Miltärverwaltungen zurückzuführen war. In Abständen von rund 10 km entstanden Kastelle und in deren Gefolge auch zivile Siedlungen.
Die Limesforschung begann schon im 19. Jhdt. durch bekannte Historiker wie z.B. Theodor Mommsen, der die sogenannte Reichslimeskommission gründete. Dann wurde es ziemlich ruhig um den Limes. Erst 2005 rückte der Limes als Weltkulturerbe wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.
Von 1994 - 2004 dauerten die Vorarbeiten bis zum Staatsvertrag zwischen den betroffenen Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und der Bundesregierung über das koordinierte Vorgehen aller Stellen und der damit verbundenen Gründung der Deutschen Limeskommission. Hiermit wurde wieder konsequent an die von der Reichslimeskommission 1892 begonnenen und 1937 beendeten systematischen Arbeiten zur Erforschung und Konservierung der Grenzbauwerke der Römer angeknüpft. Durch die Erfüllung dieser Vorbedingung hatte schließlich der Weltkulturerbe-Antrag Erfolg.
Allerdings beschränkt sich der Eintrag als Weltkulturerbe auf die ständige Überwachung der Einhaltung aller Verpflichtungen und Statuten. Die dringend notwendige finanzielle Unterstützung ist damit nicht verbunden. Hier ist die Limeskommission im Wesentlichen auf die Hilfe der Länder und Kommunen im öffentlichen Bereich und die Unterstützung durch private Spender, ehrenamtliche Tätigkeit und schlussendlich den Tourismus angewiesen.
Nach Aussage des Referenten hat sich durch das Weltkulturerbe aber doch Vieles zum Positiven verändert. Das Bestreben, bisher Unbekanntes zu erforschen, alte Erkenntnisse zu überprüfen und mit neuen Ergebnissen in Einklang zu bringen und vor allem, die einzigartige Grenzlinie über Landes- und Kommunalgrenzen hinweg zu schützen, kann immer besser umgesetzt werden.
Was während der letzten Jahrzehnte als Anliegen einiger weniger Archäologen meist abschlägig beschieden wurde, trägt heute dank Weltkulturerbe zum Renommé der betroffenen Landstriche und Gemeinden bei. Entsprechend entgegenkommend wird heute von den Behörden auf Schutzwünsche für Altbekanntes und Ausgrabungsideen von Neuentdecktem eingegangen und sogar Bebauungspläne nachträglich zugunsten von Limestrassen, -kastellen und –türmen geändert.
Beschilderte Limeswanderwege mit restaurierten Kastellen und Wachttürmen sowie die konservierten Reste von Befestigungen, vici und Straßen erschließen dem interessierten Besucher eindrucksvoll die Großmachtpolitik der Römer vor knapp 2000 Jahren.
Der Odenwaldlimes wird inzwischen ebenfalls intensiv erforscht und ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Besondere Beispiele sind die Kastelle und vici von Mudau-Schlossau und Neckarburken.
Der Vortrag schloss mit einem Appell an alle Beteiligten, ihre Anstrengungen um den Odenwaldlimes trotz fehlenden UNESCO-Labels zu verstärken, einen Entwicklungsplan Odenwaldlimes länderübergreifend aufzustellen, finanzielle Mittel abgestimmt zu akquirieren, mit einheitlichem Logo alle zugehörigen Einrichtungen zu kennzeichnen und mit den lokalen und regionalen Touristikeinrichtungen koordiniert zusammenzuarbeiten.
Eröffnung der Sonderausstellung „Ganz schön bunt - so könnte es gewesen sein“
„Lassen Sie sich auf das Experiment ein.“ Dieser Aufforderung von Dr. Peter Knötzele, dem wissenschaftlichen Berater des Museums, folgten am Donnerstag, dem 26. März 2009 zahlreiche Mitglieder und Gäste des Freundeskreises Römermuseum bei der Eröffnung der aktuellen Sonderausstellung aus Anlass des 25-hrigen Jubiläums des Museums und seines Freundeskreises.
Während der Führung erläuterte der Kenner des römischen Stettfeld ausführlich die einzelnen Exponate, die „eine gänzlich andere Sichtweise“ der Antike ermöglichten. Denn, der Vierwege-Weihestein ist beispielsweise mit prachtvollen Ornamenten verziert, in blau und grün und rot. Herkules hat einen Kopf mit dunkler Lockenmähne, einen eindrucksvollen Bart, einen strengen Blick, ist auch sonst vollständig wieder hergestellt und trägt neben einem roten Mantel seine Attribute Köcher, Keule und das Löwenfell mit Kopf. Farbenfroh stehen sie neben den Originalfunden, die – ihrem Fertigungsmaterial entsprechend – sandsteingelb, grünlich oder grau sind. Und auch andere Zeugen der römischen Vergangenheit Stettfelds sowie viele Beispiele aus anderen Museen haben einen bunten Zwilling bekommen, der zeigt: „So könnte es gewesen sein.“
Die Farbigkeit antiker Objekte sei durch entsprechende Textstellen, Malereien auf Vasen und Wänden sowie Farbreste auf Grabungsfunden belegt, doch sei sie bis Mitte des 20. Jahrhunderts umstritten gewesen, führte Dr. Knötzele aus. Kühler, weißer Marmor, sei eben einfach „in“ gewesen und die „bunte“ Vorstellung eher problematisch. Aber: „Durch die Farbigkeit erhält der Betrachter ein völlig anderes Sehgefühl. Die Details werden nun viel deutlicher, erhalten eine viel stärkere Plastizität.“ Für die Farbgebung der bemalten Ausstellungsstücke habe man gründlich recherchiert, so der Experte. Zu sehen ist deshalb auch ein Überblick über mögliche Farben und antike Farbtöpfe.
In Eigenregie hat der Freundeskreis Römermuseum diese Sonderausstellung zusammen- und die farbigen Repliken hergestellt. Die leuchtend bunten Ebenbilder stammen zum überwiegenden Teil aus der Werkstatt von Bruno Deutsch, der die Kopien in Handfertigung herstellte und bemalte. Und im Hause Deutsch wurde als Gemeinschaftswerk mit dessen Sohn und Enkelin die „kopf- und armlose“ und weiterer Attribute teilweise beraubte Herkulesstatue wiederhergestellt.
Ferienprogramm 2009 der Gemeinde Ubstadt-Weiher
Auch in diesem Jahr hatte der Freundeskreis 20 Kinder im Rahmen des Ferienprogramms ins Römermuseum eingeladen. Zunächst wurde ihnen am Beispiel museumseigener Exponate der Unterschied der Töpferwaren von Stettfeld und Rheinzabern erklärt. Vor allem die Herstellung des kostbaren Terra-Sigillata-Geschirrs mit dem rötlichen Überzug beeindruckte die Kinder. Anschließend leitete Frau Weigel von der Firma Schnorr Keramik aus Rheinzabern die Kinder fachgerecht an, kleine Tontafeln mit römischem Kerbschnitt zu verzieren. Nach kurzer Anlernphase bewiesen die Kinder sehr viel Geschick und Kreativität und erarbeiteten sich ein echtes Erinnerungsstück. Anschließend waren die römischen Kinderspiele an der Reihe. Orca-, Delta- und Brettspiel wurden begeistert und ehrgeizig gespielt, konnten sich doch die drei bestplatzierten Spieler einen Preis aussuchen. Nach fast drei Stunden bewiesen die Kinder noch erfreuliches Interesse am letzten Programmpunkt: den „Geschichten aus dem Römerreich“. Konzentriert verfolgten sie den durch verschiedene „Beweisstücke“ anschaulich gemachten Erzählungen über Aurelia und Titus. Einmal mehr verließen die Teilnehmer an unserem Ferienprogramm gut gelaunt und zufrieden unser Museum.
Der Römertag am 13.09.2009 in Stettfeld
Nach monatelangen Vorbereitungen durch einen Ausschuss des Freundeskreises konnte am Sonntag, dem 13.09.2009 der Römertag anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Römermuseums und dessen Freundeskreises gestartet werden. Als Hagen Pätzold aus Frankfurt als „Cornicen Legionis“ dem Cornu, dem römischen Horn, das Startsignal eindrucksvoll entlockte, waren bereits viele sehr interessierte Besucher auf dem Stettfelder Marcellusplatz versammelt, um dem antiken Spektakel der besonderen Art beizuwohnen. Römergruppen waren angereist, um einen lebendigen Einblick in die antike Welt zu gewähren.
Den zahlreichen großen und kleinen Besuchern bot sich ein buntes Bild römischer Kultur, das vor allem wegen seiner Vielseitigkeit und Originalität gelobt wurde. So zeigte Dr. Britta Hallmann-Preuß, Leiterin des Heimatmuseums Bad Dürkheim, in ihrer Schauküche die Zubereitung römischer Speisen und zauberte einen schmackhaften Gemüseeintopf. Im Römerkeller, ein paar Schritte weiter, hatte Valeria Mariana alias Maria Castka aus Speyer von „Betas elixas“ (rote Bete in Senfsoße) bis „Panis“ (Brot) eine interessante Auswahl römischer Speisen vorbereitet.
Draußen auf dem Platz hatte Hans-Peter Heinrich nicht nur Informationen über römische Weine, sondern auch Kostproben davon mitgebracht. Ulrich Lutz aus Mannheim zeigte, wie eine römische Getreidemühle funktioniert und demonstrierte die Herstellung eines Kettenhemdes in Originaltechnik, das er mit über 29.000 Ringen in mehr als 600 Arbeitsstunden selbst gefertigt hat. Römische Glasperlen von Silke Burst aus Bad Herrenalb, Öllampen von Ramon Franco aus Freiburg und die römische Schreibstube von Boris Burandt aus Köln vervollständigten das Treiben.
Auch an die Kinder wurde gedacht: selbst die Kleinsten unter den Besuchern konnten sich dank der umsichtigen Betreuung beim Kinderquiz im Museum, bei römischen Spielen, aber vor allem bei der praktischen „Archäologie“ im Sandkasten richtig wohlfühlen. Im Museum selbst wurden die römischen Zeitzeugen aus Stettfeld den über 700 Besuchern von kompetenten Führern erklärt und die Unterschiede zwischen unbemalten Fundstücken und den kunstvoll in Farbe nachempfundenen Repliken der Sonderausstellung „Ganz schön bunt - so könnte es gewesen sein“ erläutert.
Auch für das leibliche Wohl war bestens vorgesorgt: neben den erwähnten römischen Speisen konnten die Besucher auch Mittagessen sowie Kaffee und Kuchen im Römerkeller einnehmen. Ein Höhepunkt besonderer Art war am Nachmittag die „Römische Modenschau“ von Dr. Bernhard Cämmerer, dem ehemaligen Leiter der Römischen Abteilung des Landesmuseums Karlsruhe. Vor dem Portal der Kirche erläuterte er den wissbegierigen Besuchern, wie einfach, zweckmäßig und doch ausdrucksvoll sich die Römer kleideten.
Einfache Stoffbahnen, lässig weit und mit einer „Fibula“, einer Spange, an den Schultern gehalten, prägten die Kleidung der Menschen vor 2.000 Jahren. „Das Hübscheste am antiken Gewand sind die Falten.“ Mit diesen Worten zupfte er den Stoff der „Lacerna“ um die Schnur zurecht, mit der er das Model „gegürtet“ hatte. Die Models waren eigens vom Stettfelder Stylisten Mathias Engmann kunstvoll nach den Vorbildern auf römischen Münzen frisiert.
Dank der guten Organisation durch die Verantwortlichen, der engagierten Mitarbeit aller ehrenamtlichen Helfer, der hochmotivierten Römergruppen und der Unterstützung durch die politische und die Kirchengemeinde konnte mit dem Römertag in Stettfeld das Jubiläumsjahr von Museum und Freundeskreis besonders publikumswirksam gestaltet und das Interesse der Bürger an der römischen Vergangenheit einmal mehr geweckt werden.
Mostellaria - eine Gespensterkomödie des römischen Komödiendichters Plautus - Theaterabend am 31.10.2009 in der MZH Stettfeld
„Wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.“ Genau so ergeht es dem Athener Geschäftsmann Theopropides als er nach längerer Reise unerwartet zurückkehrt. Nach einigem Hin und Her muss er erfahren, dass sein Sohn Philolaches sein Vermögen mit Freunden und Gespielinnen durchgebracht hat. Drahtzieher aller Irrungen und Wirrungen, die sich aus der Verschleierung des ausschweifenden Lebens mit Hilfe eines angeblichen Gespensterfluches ergeben, ist der Sklave Tranio. Die „Mostellaria“ (Gespensterkomödie) stammt aus der Feder des römischen Komödiendichters Plautus, dessen Stücke im antiken Rom als „Griechenkomödien“ galten, weil er seine Vorlagen der hellenistischen Komödie entnahm. Soweit die Einordnung einer nicht alltäglichen Theateraufführung in der Mehrzweckhalle Stettfeld vor rund 250 Gästen. Alle verfolgten gespannt die gekonnt vorgetragene geschichtliche Einführung von Reinhold Häcker, Vorstandsmitglied des Freundeskreises Römermuseum Stettfeld.
Dann öffnete sich der Vorhang und ein amüsantes Schauspiel nahm seinen Lauf. Unter der Regie von Anne Sessler vom Bruchsaler Amateurtheater „die koralle“ führten Koralle-Darsteller gemeinsam mit Mitgliedern des Freundeskreises Römermuseum die „Mostellaria“ in gekürzter Fassung auf. Die Zuschauer schmunzelten über den „Beim Herkules“-Schwur „Mehercle“ des Sklaven Grumio, der die miserable Ausgangslage gleich zu Beginn anprangerte.
Eindrucksvoll der Pantomime, der zwischen den Einzelaktionen die jeweilige Stimmung ausdrückte. Besonders überzeugte Ingrid Heiler, die der Hauptfigur Tranio mit Gestik und Mimik einen wunderbar verschlagenen Charakter verlieh.
Natürlich applaudierten alle bei den Auftritten der „Lokalmatadoren“ Helmut Dörflinger als enttäuschtem Vater Theopropides und Michael Schimmelpfennig als feierfreudigem, aber letzen Endes die Zeche zahlenden Freund Callidamates. Beide Mitglieder des Freundeskreises überzeugten als Laiendarsteller mit überragendem, textsicherem Schauspiel.
Das Stück habe viel Raum gelassen für eigene Ideen, vor allem aber habe das gesamte Ensemble „mit viel Freude daran gearbeitet“, so Anne Sessler, bei der sich Michael Schimmelpfennig mit einem Blumenstrauß für ihre erfolgreiche Arbeit bedankte.
Aus der Hand von Michael Schimmelpfennig und vom zweiten Vorsitzenden Helmut Hess erhielten alle so überaus engagierten Darsteller als Geschenk die Kopie eines römischen Schälchens aus Terra Sigillata, wie es als Original im Stettfelder Museum zu finden ist.
Dem Bildersturm entkommen - die neu entdeckte Jupitergigantensäule aus Heidelberg
lautete der Titel des Lichtbildervortrags am 10.11.2009 von Frau Dr. Petra Mayer-Reppert aus Karlsruhe. Mit einer Ortsbestimmung startete der hochinteressante Bericht der Archäologin:
Die herausragende verkehrstopographische Bedeutung des römischen Heidelberg war durch den Straßenknotenpunkt beim heutigen „Römerkreisel“ und die Neckarfurt gekennzeichnet. Über dem frühflavischen Ostkastell entwickelte sich noch in flavischer Zeit der Nordvicus im heutigen Stadtteil Neuenheim als dominierender Standort der Töpferindustrie im Gebiet der Civitas Ulpia Sueborum Nicrensium mit dem Hauptort Lopodunum, dem heutigen Ladenburg. Derzeit sind über 60 Töpferöfen belegt. Das römische Gräberfeld in Heidelberg-Neuenheim gehörte ebenfalls zum Nordvicus und umfasst an die 1500 Gräber.
Im Frühjahr 2007 wurde im Stadtteil Neuenheim an der Uferstraße bauvorgreifend ein Areal von 270 qm unmittelbar vor der Südflanke des römischen Ostkastells untersucht. Mehrere Gruben in der Grabungsfläche können als Zeugen von Hornschnitzerei während der Kastellzeit interpretiert werden. Die Gruben der Horngewinnung hatten anscheinend einer anderen Nutzung gedient, bevor sie mit Abfall, darunter insgesamt 58 Rinder- und Ziegenhornzapfen, verfüllt wurden. Fraßgänge von Larven der Käsefliege weisen darauf hin, dass die Rinderschädel zur Horngewinnung über einen Zeitraum von mehreren Monaten in Gruben gelagert wurden, um das Abtrennen der Hornscheiden zu erleichtern.
Der spektakulärste Fund ist ein holzverschalter Brunnen, aus dessen Verfüllung eine fast vollständig erhaltene Jupitergigantensäule zutage kam. Die Brunnenstube erreicht eine Tiefe von 11 m unter heutiger Oberfläche. Die Verfüllung enthält überwiegend Keramik, wenige Tierknochen, wenig Bauschutt, auch wenig Töpfereiabfall. Die 4,4 m hohe Jupitersäule kann als das besterhaltene Steindenkmal Heidelbergs gelten. Der Stiftername MESsius IBLIONIS (Filius) steht in treverischem Zusammenhang. Stil und Ikonographie der Säule sind einer Werkstatt zuzuordnen, deren Produkte in Lopodunum (Ladenburg) und Umgebung um 150 n.Chr. nachgewiesen sind. Aus dem Brunnen konnten vier Bruchstücke des zu Jupiter gehörenden Blitzbündels aus Eisen geborgen werden. Das 52,5 cm lange Attribut von Jupiter ist zwar nicht vollständig, kann aber zeichnerisch rekonstruiert werden.
Nach der Freilegung des Brunnens und der Bergung der Jupitergigantensäule rückte die Frage nach Zeitpunkt und Umständen der Niederlegung der Säule in den Mittelpunkt. Nach Auswertung aller Beifunde ergibt sich ein Zeithorizont von etwa 200 n. Chr. für den Abbruch der Säule. Die Grabungen in der Uferstraße haben für das römische Heidelberg-Neuenheim wesentliche neue, gesicherte Erkenntnisse erbracht:
Die Gründung des Ostkastells kann vermutlich bereits in vorflavische Zeit vordatiert werden. Der erwartete Kastellgraben wurde an dieser Stelle nicht angetroffen. Die Lage des Ostkastells im römischen Stadtplan ist demnach zu korrigieren. Eine Verbindung zwischen Ostkastell und nördlichem Brückenkopf konnte nicht nachgewiesen werden. Zwischen 150 und 200/210 n.Chr. schmückte eine Jupitergigantensäule das nördliche Neckarufer.
Die Säule wurde um 200/210 n.Chr. abgebaut und im Brunnen deponiert. Danach muss mit einem massiven Rückgang der Siedlungstätigkeit am nördlichen Brückenkopf gerechnet werden. Das exponierte Areal zwischen römischer Fernstraße und Neckarbrücke wurde um 200 n.Chr. zur feuchten Siedlungsbrache infolge häufiger Überschwemmungen am Neckarnordufer. Dies stand im Zusammenhang mit einer zivilen Siedlungskonzentration am südlichen Neckarufer und einer neuen Militärphase im 3. Jh. durch die Stationierung eines numerus. Anhand von Oberflächenfunden konnte eine römische Nutzung noch bis 230/40 n.Chr. nachgewiesen werden. Handgeformte Keramik elbgermanischer Tradition datiert in die Jahre zwischen 250 und 320/50 n.Chr. und kann wohl zu einem kleinen Stützpunkt germanischer Neusiedler gerechnet werden. Das Spektrum der Oberflächenfunde macht zudem eine Besiedlung in der Merowinger- und Karolingerzeit wahrscheinlich.
Kirchenbaukunst der Romanik
Unter diesem Titel hat Armin Becker aus Sandhausen am 16.12.2009 in der Reihe der Stettfelder Abendvorträge einen Lichtbilder-Vortrag von ganz besonderer Art gehalten.
Vor knapp 60 höchst interessierten Besuchern hat er die Gestaltungsvielfalt der romanischen Baukunst an einer Vielzahl von Bildbeispielen überzeugend dargestellt. Er ging dabei sowohl auf die Ursprünge dieses mittelalterlichen Baustils ein als auch auf die Übergänge zur ablösenden Gotik. Doch ist es kaum möglich, einen einheitlichen romanischen Baustil ergänzend zum allgegenwärtigen Rundbogen zu beschreiben. Abhängig vom Standort der Kirche und dem Zeitpunkt ihrer Errichtung ergibt sich eine Vielzahl unterschiedlicher ergänzender Stilelemente, die sich sowohl im Grundriss als auch in der Ausschmückung und Höhe der Bauten zeigen.
Eins steht aber fest: das anfängliche Vorbild für diese sakrale Baukunst war ausgerechnet die römische Basilika, ein ausgesprochener Profanbau. Man versucht dies heute durch politische Motive zu erklären, wollten doch die neuen germanischen Herrscher nach dem Untergang des spätantiken weströmischen Reichs unbedingt den Baustil der Römer kopieren, um sich auch in ihren sakralen Bauten als die rechtmäßigen Nachfahren der römischen Herrscher darzustellen. Außerdem haben die Christen nach ihrer offiziellen Anerkennung im römischen Reich nach Gotteshäusern gesucht, die die Versammlung der Gläubigen bei gemeinsamen Gottesdiensten zuließen. Die Tempel der bisherigen römischen Gottheiten waren hierfür meist ungeeignet. Folgerichtig waren die ersten christlichen Kirchen umgewandelte Basiliken und die späteren romanischen Kirchen recht streng an den Baustil der Basilika angelehnt. Sie kopierten in den Eingangsportalen sogar die römischen Triumphbögen. Allerdings wurde der ursprünglich in der Mitte einer Längswand gelegene römische Haupteingang auf die westliche Schmalseite der west-östlich ausgerichteten christlichen Basilika verlegt.
Im Laufe der folgenden Jahrhunderte vom 10. bis etwa zum 13. Jhdt. wandelten sich die romanischen Kirchen von strengen noch recht niedrigen Hallenbauten mit flacher hölzerner Deckenkonstruktion hin zu mehrgeschossigen Bauten mit Querschiffen, eindrucksvollen Türmen und an die Ostfront angebauten Apsiden. Der Grundriss wurde zum Kreuz, dem christlichen Symbol.
Im Übergang zur Gotik wurden die Bauten höher und die Deckenkonstruktion wandelte sich zur steinernen Gewölbedecke, die im Westen schon früh, im Osten später eingeführt wurde. Dies hatte sicher seinen Grund in der leichten Brennbarkeit hölzerner Dachstühle, zeigt aber auch, wie sich der kastenförmige und strenge romanische Baustil langsam zur eleganteren und verspielteren Gotik wandelte.